Schule für CranioSacral Healing

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Blogartikel über eine Studie zur Bewegung der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit

(aus Newsletter 4/2017)


Heute möchte ich über eine neue Studie der Universität Göttingen zur Bewegung der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit sprechen und was sie für uns Craniosacral-Therapeut/innen bedeutet.

Entgegen dem, was vorherige wissenschaftliche Studien vermuten ließen, wird nach dieser Studie die Bewegung des Liquors im Gehirn weniger durch den Pulsschlag des Herzens gesteuert, sondern vor allem durch die Atmung.

Bewusste tiefe Atmung fördert somit den Fluss des Liquors durch das Gehirn.

Die Einatmung bewirkt den Abfluss von Liquor aus dem Gehirn, während die Ausatmung den Zufluss von Liquor ins Gehirn unterstützt. Das geht folgendermaßen vor sich: Um die Wirbelsäule und im Rückenmarkskanal gibt es ein Venengeflecht. Bei der Einatmung entsteht ein Unterdruck im Brustkorb, wodurch ein Sog nach unten entsteht, sodass der Liquor nach unten in die Venen und in das das lymphatische System abfließen kann. Das wird zudem dadurch begünstigt, dass auch das periphere Lymphsystem mit dem Atemrhythmus zusammenhängt.

Daher hat eine langsame tiefe Atmung eine reinigende Wirkung auf das Gehirn. Je tiefer die Einatmung, desto besser der Abfluss der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit.


Diese Studie steht nicht in Übereinstimmung mit unseren craniosacralen Liquorflussmodellen, aber ich sehe auch keinen Widerspruch dazu, weil unsere Primär Respiratorischen Bewegungen ja langsamere und viel feinere Bewegungen sind und nicht mit grobstofflich leichter sicht- und messbaren Bewegungen übereinstimmen müssen (die Bewegungen in den Nähten wurden ja in den letzten Jahrzehnten schon öfters messtechnisch nachgewiesen). Beides kann durchaus parallel existieren.

Interessanterweise habe ich neulich gelesen (in „Jealous: An Osteopathic Odyssee“), dass auch in einer wissenschaftlichen Erforschung beide Arten von Bewegungen von Messgeräten wahrgenommen worden wären. Über diese Studie sei jedoch nie ein Bericht veröffentlicht worden – vielleicht, weil es für Geräte im Gegensatz zu unseren eingestimmt wahrnehmenden Händen nicht möglich ist, die größeren und groberen Bewegungen herauszufiltern und deshalb ein wissenschaftlich stichhaltiger Nachweis der feineren und langsameren Bewegungen schwierig ist – oder vielleicht, weil es die wissenschaftlich wahrscheinlich nicht lösbare Frage nach dem Zustandekommen dieser feineren Bewegungen aufwirft.

Ich erachte zwar nach wie vor die formlose Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit von zentraler Bedeutung für das Primär Respiratorische System, dessen innerstes und tiefstes Element sie ja ist. Jedoch sehe ich (wie etliche andere auch) sie nicht mehr als mechanisch von großer Bedeutung für das Zustandekommen der Bewegungen der anderen Gewebeelemente. Deren Bewegung wird ebenfalls direkt vom Atem des Lebens bewirkt bzw. sie schwingen ebenfalls in direkter Resonanz mit dem Universellen.

Interessant an dieser Göttinger Studie ist die Übereinstimmung mit den Liquorflusstheorien von Rudolf Steiner. In gewisser Weise stimmt sie auch mit Beobachtungen von Swedenborg überein, der schon vor fast 300 Jahren beschrieben hatte, dass die Bewegung von Gehirn (und Liquor) „gewöhnlich“(?) synchron mit der Atmung verlaufe. Zugleich betonte Swedenborg stets, dass diese Bewegung der Lungenatmung übergeordnet sei. Dies erschien mir widersprüchlich und hatte mich zunächst etwas verwirrt. Inzwischen vermute ich, dass er die mit der Lungenatmung synchrone Bewegung des Gehirns bei den Vivisektionen, denen er beiwohnte, mit den eigenen Augen gesehen hatte, während sich ihm die übergeordnete Bedeutung der Eigenbewegung des Gehirns – wie auch viel anderes Wesentliches – aus tiefster innerster Einsicht offenbart hat.

Schließlich zeigt diese neue Studie aus Göttingen auf, wie wertvoll und wichtig vertiefte Atmung sein kann, damit Dinge in Fluss kommen. Dabei denke ich nicht nur an unsere Klient/innen, sondern auch an uns selbst als Craniosacral-Therapeut/innen: Wie wertvoll und wichtig es für unsere Arbeit ist, dass wir selbst als Behandler/innen ab und zu einen tiefen Atemzug nehmen.

Vielleicht gerade jetzt?